Prof. Peukert zu den Wirtschaftswissenschaften
Ökalypse: "Die größte Herausforderung ist in den Wirtschaftswissenschaften noch nicht angekommen"Gegen formale Modelle ist an sich nichts einzuwenden. Wenn allerdings in ökonomischen Überlegungen nur noch zwangsläufig auf wenige Variable beschränkte kleine Modelle als zulässig gelten, wird es problematisch. Wenn man etwa über die Zukunft der EU nachdenkt (also z.B. Staateninsolvenzordnung oder Eurobonds), helfen solche Modelle, bei denen das Ergebnis sehr oft bereits in den Annahmen steckt, kaum weiter.
Die Mathematik hält sich im Studium in der Regel auf bescheidenem Niveau. Sie dient aber dazu, der Ökonomie einen scheinobjektiven, nicht interessenabhängigen und ideologischen Anstrich zu vermitteln, der die Studierenden zeitlich absorbiert und daher davon abhält, sich z.B. mit tagesaktuellen oder institutionellen Besonderheiten zu beschäftigen. Oft werden auch in den Lehrbüchern aus Modellen wirtschaftspolitische (meist marktliberale) Empfehlungen abgeleitet, die diese Modelle gar nicht beinhalten.
Bei alternativen Studiengängen wie denen in Siegen, Duisburg-Essen und Bernkastel-Kues versucht man diesem Schmalspurmodelldenken entgegenzuwirken, indem die Studierenden sich auch mit wirtschaftshistorischen, wirtschaftsethischen und die Geschichte des ökonomischen Denkens betreffenden Inhalten auseinandersetzen und sich z.B. hinsichtlich Finanzkrisen auch mit den Geschehnissen 1929/30 befassen sowie heterodoxe Sichtweisen von u.a. Minsky, Kindleberger und Galbraith kennenlernen.